Aktuelle Schulbücher für Rheinland-Pfalz

 

Verfassertexte und Arbeitsaufträge

 

Aufstände gegen Napoleon in Spanien ab 1808 und militärische Rückschläge in Tirol deuteten immer stärker darauf hin, dass Napoleons Gegner seine Herrschaft nicht länger erdulden wollten. Letztlich scheiterte er mit seinem Feldzug gegen Russland 1812; dabei verlor er fast seine gesamte 'Große Armee' im russischen Winter. Nach dem Untergang der 'Großen Armee' schlossen sich Russland, Österreich, Preußen, England und andere Staaten zu einer antifranzösischen Koalition zusammen. Auch der Rheinbund löste sich rasch auf. Die nun ausbrechenden Befreiungskriege wurden von einer patriotischen Begeisterung getragen, die alle Volksschichten ergriff [...]. Nach der Niederlage in der Völkerschlacht bei Leipzig 1813, in der über 500 000 Soldaten aus vielen Nationen kämpften, floh Napoleon nach Paris. Dort zwangen ihn einrückende Armeen zur Abdankung und er wurde auf die Insel Elba verbannt. Napoleons Versuch, 1815 noch einmal zurückzukehren, scheiterte. Die Alliierten besiegten ihn in der Schlacht bei Waterloo.[1]

 

Arbeitsauftrag: Fertige eine Zeitleiste zu den Befreiungskriegen mit wichtigen Daten an.[2]

(1) © Westermann Horizonte, S. 289 (2015)

 

 

Das Heilige Römische Reich hatte aufgehört zu existieren und Deutschland befand sich unter französischer Kontrolle. Preußen, der ehemals mächtigste deutsche Einzelstaat, war seiner Großmachtstellung beraubt. [...] Nach der Schlacht bei Jena und Auerstedt zwang Napoleon Preußen einen Frieden auf, durch den es fast die Hälfte seines Staatsgebietes verlor (Frieden von Tilsit, 1807). Preußen musste seine Armee reduzieren, hohe Kriegsentschädigungen zahlen und blieb von französischen Truppen besetzt. In dieser Situation überzeugte eine Reihe von Reformern den preußischen König davon, dass der absolutistisch regierte Staat nur mit einer stärkeren Beteiligung der Bürger überlebensfähig war. [...] Im 'Oktoberedikt' (Edikt = Erlass des Königs/Kaisers) von 1807 wurde die Leibeigenschaft aufgehoben und den Bürgerinnen und Bürgern freie Berufswahl zugestanden. Es folgten weitere Reformedikte, die Verwaltung und Wirtschaft, Bildung und Militär tief greifend verändern sollten. [...] Zunehmend wandte man sich gegen die französische Herrschaft. [...] Überall regte sich der Wille nach Freiheit und nationaler Unabhängigkeit. Die preußische Reformpolitik trug ihre Früchte, denn die Loyalität der Untertanen zum Staat und der Patriotismus waren inzwischen gewachsen. Viele Freiwillige organisierten sich in sogenannten Freikorps und schlossen sich der Armee an. Die seit 1813 eingeführte Landwehr, [...], verstärkte die preußische Armee spürbar. In den nun folgenden Freiheitskriegen besiegte eine Koalition aus mehreren europäischen Staaten, vor allem Preußen, Österreich, England und Russland, Napoleon. Die beiden entscheidenden Ereignisse waren die 'Völkerschlacht' bei Leipzig im Oktober 1813 und die Schlacht bei Waterloo im Juni 1815.[3]

 

Arbeitsauftrag: Finde im Darstellungstext Gründe, warum während der Freiheitskriege in Deutschland ein ganz besonderer Patriotismus herrschte.[4]

(2) © Cornelsen Forum Geschichte, S. 290 (2016)

 

 

Unter dem Druck der Besatzer besannen sich die Völker auf ihre Nation - ihre Geschichte, Sprache und Kultur. Überall wuchs der Wunsch, die fremde Herrschaft abzuschütteln. Der nationale Freiheitsdrang flammte zunächst in Spanien auf. 1808 erhob sich dort das Volk. [...] 1809 scheiterte der österreichische Versuch, die Fremdherrschaft abzuschütteln. Auch der Tiroler Volksaufstand, [...], im selben Jahr misslang. Napoleon wollte auch den russischen Zaren unter seine Herrschaft zwingen. Im Juli 1812 marschierte der Kaiser der Franzosen mit rund 500 000 Soldaten seiner 'Grande Armée' in Russland ein [...]. [...] Der russische Zar wollte nun die Befreiung Europas von der napoleonischen Herrschaft erreichen. Preußen schloss sich der Befreiungsbewegung an. Getrieben von nationaler Begeisterung meldeten sich Freiwillige zum Militärdienst. Auch Österreich, Großbritannien und Schweden traten dem Bündnis bei. Nach und nach wechselten auch die Rheinbundstaaten die Seite. In der bis dahin größten Schlacht der Weltgeschichte, der Völkerschlacht bei Leipzig, kämpften 500 000 Soldaten. Napoleons Truppen mussten sich zurückziehen. Am 31. März 1814 besetzten die verbündeten Armeen Paris. [...] Endgültig besiegt wurde er daraufhin in der Schlacht von Waterloo in Belgien.[5]

 

Arbeitsaufträge: 

1. Fasse die Gründe zusammen, die zum Ende der napoleonischen Herrschaft führten.

2. Erstelle eine Zeitleiste zur Karriere Napoleons.

3. Vergleiche deine Zeitleiste mit [dem "Stufenleiter der Größe und des Sturzes Napoléons"]. Ist das Bild einer Stufenleiter passend?[6]

(3) Stufenleiter der Größe und des Sturzes Napoléons

 

 

Quellen und Arbeitsaufträge

 

(4) Beginn des Appells An Mein Volk (17. März 1813)

Aufruf des preußischen Königs Friedrich Wilhelms III. zur nationalen Erhebung gegen das napoleonische Frankreich, An mein Volk (17. März 1813)    

Wir erlagen unter der Uebermacht Frankreichs. Der Frieden, der die Hälfte meiner Unterthanen mir entriß, gab uns seine Segnungen nicht; denn er schlug uns tiefere Wunden, als selbst der Krieg. Das Mark des Landes ward ausgesogen. Die Haupt-Festungen blieben vom Feinde besetzt, der Akkerbau ward gelähmt, so wie der sonst so hoch gebrachte Kunstfleiß unserer Städte. Die Freiheit des Handels ward gehemmt, und dadurch die Quelle des Erwerbes und des Wohlstandes verstopft. Das Land ward ein Raub der Verarmung.

Durch die strengste Erfüllung eingegangener Verbindlichkeiten hoffte ich, meinem Volke Erleichterungen zu bereiten und den französischen Kaiser endlich zu überzeugen, daß es sein eigener Vortheil sey, Preußen seine Unabhängigkeit zu lassen. Aber meine reinsten Absichten wurden durch Uebermuth und Treulosigkeit vereitelt, und nur zu deutlich sahen wir, daß des Kaisers Verträge mehr noch wie seine Kriege uns langsam verderben mußten; jetzt ist der Augenblick gekommen, wo alle Täuschung über unsern Zustand aufhört.

Brandenburger, Preußen, Schlesier, Pommern, Litthauer! Ihr wißt, was ihr seit 7 Jahren erduldet habt, ihr wißt, was euer trauriges Loos ist, wenn wir den beginnenden Kampf nicht ehrenvoll enden, erinnert euch an die Vorzeit, an den großen Kurfürsten, den großen Friedrich. Bleibet eingedenk der Güter, die unter ihnen unsere Vorfahren blutig erkämpften, Gewissensfreiheit, Ehre, Unabhängigkeit, Handel, Kunstfleiß und Wissenschaft. Gedenkt des großen Beispiels unserer mächtigen Verbündeten, der Russen, gedenkt der Spanier und Portugiesen, selbst kleine Völker sind für gleiche Güter gegen mächtigere Feinde in den Kampf gezogen und haben den Sieg errungen, erinnert euch an die heldenmüthigen Schweizer und Niederländer.[7]

 

Arbeitsauftrag: Arbeite die Werte und Ziele heraus, für die das preußische Volk in den Krieg gegen die napoleonische Truppen ziehen soll.[8]

 

Ernst Moritz Arndt, Des Deutschen Vaterland (1813)   

 

(5) Ernst Moritz Arndt (1769-1860, Dichter und Historiker)

 

Was ist des Deutschen Vaterland?
Ist’s Preussenland? ist’s Schwabenland?
Ist’s, wo am Rhein die Rebe blüht?
Ist’s, wo am Belt die Möwe zieht?
O nein, nein, nein!
Sein Vaterland muß größer seyn.

[...]

Was ist des Deutschen Vaterland?
So nenne mir das große Land!
Ist’s was der Fürsten Trug zerklaubt?
Vom Kaiser und vom Reich geraubt?
O nein! nein! nein!
Sein Vaterland muß größer seyn.

Was ist das Deutsche Vaterland?
So nenne endlich mir das Land!
So weit die deutsche Zunge klingt
Und Gott im Himmel Lieder singt,
Das soll es seyn!
Das, wackrer Deutscher, nenne dein.

Das ist das Deutsche Vaterland,
Wo Eide schwört der Druck der Hand,
Wo Treue hell vom Auge blitzt
Und Liebe warm im Herzen sitzt,
Das soll es seyn!
Das, wackrer Deutscher, nenne dein.

Das ist das Deutsche Vaterland,
Wo Zorn vertilgt den wälschen Tand,
Wo jeder Franzmann heißet Feind,
Wo jeder Deutsche heißet Freund,
Das soll es seyn!
Das ganze Deutschland soll es seyn!

Das ganze Deutschland soll es seyn!
O Gott vom Himmel sieh darein!
Und gieb uns rechten deutschen Muth,
Das wir es lieben treu und gut.
Das soll es seyn!
Das ganze Deutschland soll es seyn![9]

 

Arbeitsauftrag: Begründe, was dir an Arndts Gedicht überzeugend und was dir übertrieben oder abwegig erscheint.[10] 

 

Fazit: In den aktuellen Geschichtsschulbüchern für Rheinland-Pfalz herrscht weitgehende Kongruenz bei der Darstellung der Napoleonischen Kriege. Die analysierten Schulbücher bieten auf wenigen Seiten einen chronologischen Überblick über die Befreiungskriege. Die jeweiligen Verfassertexte informieren die Schülerinnen und Schüler sachlich und fordern zu keiner Bewertung auf. Als entscheidende Ereignisse werden die Aufstände in Spanien und Tirol ab 1808, der Russlandfeldzug 1812 und die großen Schlachten der Befreiungskriege, die Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 1813 und die Schlacht bei Waterloo im Juni 1815, aufgeführt. Dabei werden das deutsche Zusammengehörigkeits- und Nationalgefühl sowie der Wille nach Freiheit und nationaler Unabhängigkeit in weiten Teilen der Bevölkerung durchweg hervorgehoben. Neben den genannten Gemeinsamkeiten werden auch Unterschiede sichtbar. So widmet sich in Horizonte lediglich ein knapper Verfassertext dem Thema. Das waren Zeiten 1 und Forum Geschichte diskutieren die Napoleonischen Kriege verhältnismäßig ausführlich. In beiden Schulbüchern befassen sich neben einem Verfassertext weitere Text- und Bildquellen mit der Zeit der Befreiungskriege. Der preußische Staat, das preußische Volk und die preußischen Reformen nehmen dabei eine exponierte Stellung ein.

 

Autorin: Derya Özdemir

 


 

Fußnoten

 

[1] Baumgärtner, Ulrich/Woelk, Wolfgang (Hrsg.): Horizonte. 7/8 Geschichte Gymnasium. Rheinland-Pfalz. Braunschweig 2015, S. 289.

[2] Ebd., S. 297.

[3] Cornelißen, Hans-Joachim/Willig, Kai (Hrsg.): Forum Geschichte - Rheinland-Pfalz. 1/2 Von der Vorgeschichte bis zur Reichsgründung 1871. Berlin 2016, S. 290.

[4] Ebd., S. 291.

[5] Bernsen, Daniel/Brückner, Dieter (Hrsg.): Das waren Zeiten - Rheinland-Pfalz. Unterrichtswerk für Geschichte. Bd. 1: Von den Anfängen bis zum 19. Jahrhundert. Bamberg 2016, S. 300.

[6] Ebd.

[7] Aufruf Friedrich Wilhelms III. zur nationalen Erhebung, „An mein Volk” (17. März 1813). In: DGDB. URL: http://germanhistorydocs.ghi-dc.org/sub_document.cfm?document_id=3556 (Aufruf am 07.06.2018).

[8] Bernsen/Brückner, Zeiten, S. 303.

[9] Arndt, Ernst Moritz: "Des Deutschen Vaterland" (1813). In: DGDB. URL: http://germanhistorydocs.ghi-dc.org/pdf/deu/1_C_NS1_Des_Deutschen_Vaterland.pdf (Aufruf am 07.06.2018).

[10] Bernsen/Brückner, Zeiten, S. 301.

 

Quellen und Schulbücher

 

Quellen

Arndt, Ernst Moritz: "Des Deutschen Vaterland" (1813). In: DGDB. URL: http://germanhistorydocs.ghi-dc.org/pdf/deu/1_C_NS1_Des_Deutschen_Vaterland.pdf (Aufruf am 07.06.2018).

Aufruf Friedrich Wilhelms III. zur nationalen Erhebung, „An mein Volk” (17. März 1813). In: DGDB. URL: http://germanhistorydocs.ghi-dc.org/sub_document.cfm?document_id=3556 (Aufruf am 07.06.2018).

 

Schulbücher

Baumgärtner, Ulrich/Woelk, Wolfgang (Hrsg.): Horizonte. 7/8 Geschichte Gymnasium. Rheinland-Pfalz. Braunschweig 2015.

Bernsen, Daniel/Brückner, Dieter (Hrsg.): Das waren Zeiten - Rheinland-Pfalz. Unterrichtswerk für Geschichte. Bd. 1: Von den Anfängen bis zum 19. Jahrhundert. Bamberg 2016.

Cornelißen, Hans-Joachim/Willig, Kai (Hrsg.): Forum Geschichte - Rheinland-Pfalz. 1/2 Von der Vorgeschichte bis zur Reichsgründung 1871. Berlin 2016.

 

Bildnachweise

 

(1) Baumgärtner, Ulrich/Woelk, Wolfgang (Hrsg.): Horizonte. 7/8 Geschichte Gymnasium. Rheinland-Pfalz. Braunschweig 2015, S. 289.

(2) Cornelißen, Hans-Joachim/Willig, Kai (Hrsg.): Forum Geschichte - Rheinland-Pfalz. 1/2 Von der Vorgeschichte bis zur Reichsgründung 1871. Berlin 2016, S. 291.

(3) [Anonym:] Stufenleiter der Größe und des Sturzes Napoléons, Radierung, Deutschland 1814. In: Wikimedia Commons. URL: https://commons.m.wikimedia.org/wiki/File:Stufenleiter_der_Größe_und_des_Sturzes_Napoleons.jpg#mw-jump-to-license (Aufruf am 07.06.2018).

(4) [Anonym:] An mein Volk. In: Wikimedia Commons. URL: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:An_Mein_Volk.jpg (Aufruf am 07.06.2018).

(5) [Anonym:] Ernst Moritz Arndt 1769-1860 deutscher Schriftsteller und Abgeordneter der Frankfurter Nationalversammlung. In: Wikimedia Commons. URL: https://commons.m.wikimedia.org/wiki/File:Ernst_Moritz_Arndt_(Carte_de_Visite).jpg#mw-jump-to-license (Aufruf am 16.06.2018).